Gärten – Arche Noah des 21. Jahrhunderts

„Wer einen Garten gestaltet, entwirft ein Wunschbild der Welt. Man nimmt von der Natur das, was nicht weglaufen kann, den Boden und die Pflanzen, und prägt dem seinen Willen auf. Man verwandelt das Land um der Menschen willen, aus unterschiedlichen Absichten, die sich ergänzen oder einander widerstreiten, und schon ist man mitten in den Auseinandersetzungen der Politik“, so der deutsche Philosoph Horst Günther zum Verhältnis von Garten und Politik.

Die alte Geschichte vom Paradies „pairi-daeza“ und damit vom „Garten“ ist heute als politische Geschichte neu zu erzählen. Gärten, anfangs grüne, paradiesische Hotspots für Mensch und Tier, aber auch Foyer der Bauund Gartenkunst, sind ein Symbol der immerwährenden Suche des Menschen nach einem Raum der Abgrenzung und Besinnung, nach Ruhe, Zufriedenheit und Lebensfreude, aber auch nach einer Oase für Sicherheit und Versorgung. Orte des individuellen wie gesellschaftlichen Glücks. Immer galtesin den verschiedensten Formen das jeweils so unterschiedliche Paradies, ob nun im formalistischen oder naturnahen Stil, für das Leben nachzubilden oder den blühenden Gefilden des Jenseits vorzugreifen. Den einen bedeutet „Garten“ optischer Genuss oder kulinarische Nutzung, den anderen unerschöpfliche Vielfalt, erzwungene Einfalt oder grünes Signum von Macht und Reichtum. Immer aber gilt „pairi-daeza“,

Der Beginn des 21. Jahrhunderts ist geprägt von tiefgreifenden Veränderungen in allen Sphären des wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, kulturellen und ökologischen Lebens. Im Zeichen von weltweiter Urbanisierung mit dem immer größer werdenden Bedarf an Fläche für Wohnungen und technischer Infrastruktur stehen Natur und insbesondere urbane Grünräume immer häufiger in eklatanter Konkurrenz zu wirtschaftlichen Verwertungsinteressen des knappen und nicht vermehrbaren Gutes „Fläche“.

Gleichzeitig führen viele primär ökonomisch geprägte Produktionsprozesse in der Landwirtschaft und bei der Landnutzung zu dramatischem Arten und Biodiversitätsverlust, einhergehend mit signifikantem Wandel der Umwelt, insbesondere der Klimaverhältnisse. Das Artensterben ist neben der Klimakrise die größte Bedrohung weltweit. Rund eine Million Arten könnten weltweit in den nächsten Jahrzehnten aussterben, so die Zahlen der sogenannten „Roten Liste“, Von mehr als 18, 000 untersuchten Arten werden mehr als 30.000 als gefährdet geführt.‘

Gegenwärtig verschwinden pro Tag etwa 150 Arten für immer vom Planeten und nach offiziellen Eihebungen des WWF schreitet das Aussterben von Tier und Pflanzenarten fast tausendmal schneller voran als die Entstehung neuer Arten, Es ist das sechste große Artensterben in der Geschichte der Erde, doch diesmal sind nicht Naturkatastrophen, sondern der Mensch die Ursache. Ob im Großen durch die Zerstörung von Lebensräumen, Brandrodungen, industrialisierte Landwirtschaft oder die Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden oder im Kleinen z.B. durch völlig absurde neue „Garten Schönheitsideale“ per versteinerten Haus und Kleingärten. Der Mensch ist heute vielfach der kausale Verursacher von Natur und Umweltschäden von Biodiversitätsverlust und Artenarmut.

Mit der Freisetzung von technischem Wissen und wirtschaftlicher Macht nie gekannten Ausmaßes und der damit zusammenhängenden Umweltkrise, erfahren umweltethische Erkenntnisse heute eine grundlegend neue Bedeutung und erfordern eine neue Betrachtungsweise. Es gilt, sich von der tradierten, primär „anthropozentrischen” Umweltethik, bei welcher nur der Mensch, das Individuum eigenständige Rechte hat und im Fokus der Betrachtung steht, zu verabschieden. Gegenwart und Zukunft bedingen eine ganzheitliche, „holistische” Betrachtung, bei welcher die gesamte belebte wie unbelebt Natur, in der Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser und Luft im Kontext der gegenseitigen Wechselwirkungen global und einer existenziell “ wichtigen Nachhaltigkeit verstanden, beurteilt, betrachtet und „gemanagt“ werden.

In dieser Epoche des global-technisierten-digitalisierten 21. Jahrhunderts kommt dem Garten und dem Gärtnern eine ganz besondere Bedeutung

zu. Als Orte des Grünen und der gestalteten Natur, in denen die Menschen Erholung, Entspannung, Nahrung und etwas Berührung mit der Natur finden. Aber auch als Orte der Integration und Sozialisation für Gesundheit und gegen Vereinsamung. Die reale Natur im Garten als lebenswichtiges Gegenstück zur immer häufiger real-virtuell-digitalisierten Arbeitsund Freizeitwelt. Der Garten in jedweder Form, gleich ob Hausoder Kleingarten, Stadtoder Industriegarten, horizontaler Dachoder vertikaler Fassadengarten, wird, wenn er mit dem Verständnis zur Natur im Garten richtig angelegt und bewirtschaftet wird, immer häufiger zum „Überlebens-Hotspot”, zur Arche Noah für vom Aussterben bedrohte Tierund Pflanzenarten und zum lebensnotwendigen urbanen Klima-Eiland, Gleichzeitig werden Gärten aber immer häufiger auch Statusund Luxusgut, denn sie benötigen teure Fläche, die sich nicht alle leisten können.

„Allen Verantwortlichen in Stadt und Land soll eindringlich aufgezeigt werden, dass individuelle und letztendlich auch politische Freiheit nur in einem Lebensraum mit gesunder Daseinsordnung gedeihen kann“, so steht es im Manifest „Grüne Charta von der Mainau” der Deutschen Gartenbau Gesellschaft von 1961.

Wie kaum einer anderen in politischer Verantwortung stehende Persönlichkeit ist es Mag. Wolfgang Sobotka gelungen, die komplexen Zusammenhänge globaler, ökologischer und sozial-ethischer Veränderungen in den Bewusstseins und damit in den Verantwortungskodex jedes Einzelnen zu bringen. „Think global-act local“ sein heute so lebensnotwendiges, politisches, ökologisches wie humanes Credo. | Y

Gesunde Daseinsvorsorge beginnt bei jedem vor der Haustür, im eignen Garten und reicht bis zum Obligo nationaler wie internationaler Politik. Für dieses Verständnis und die Erfordernis, dieses nachhaltig mit den Mitteln der Politik und der Wirtschaft unter ethischen Aspekten umzusetzen, sind Politiker wie Wolfgang Sobotka lebensnotwendig.